Wurstelprater vormittags: Vater Feigl, der Betreiber des Prateretablissements Zum Wilden Mann, sorgte mit bunten Unterhaltungsprogrammen für Gesprächsstoff. ( Der Kuckuck; Wien 1932) verschone. Banken brachen reihenweise zusammen, die Industrieproduktion stagnierte, die Arbeitslosigkeit stieg rasant an. Eine autoritäre Herrschaft, ein austrofaschistischer Ständestaat unter dem christlichsozialen Bundeskanzler Engelbert Dol
[MEHR]lfuß, sollte am Ende dieser Jahre installiert sein. Die sozialdemokratisch geprägte Wiener Stadtverwaltung, die nach dem Ersten Weltkrieg mit großzügigen sozialpolitischen Maßnahmen, einem heute weltweit beachteten Wohnbauprogramm und einer Schulreform enorme kommunale Akzente setzte, wurde auf verschiedenen Ebenen bekämpft. Alle diese Aspekte zeigen sich in den vielen Bildern, die von den beiden Herausgebern ausgewählt und in thematische Kapitel gegliedert wurden. Es gibt Bilder von Straßenmusikern, Menschen in Slumbauten und vielen Bettlern. Dokumentiert werden die Wohnbauten des Roten Wien oder das ' Wunderteam', das den Zuschauern Entspannung verschaffte. Gezeigt werden die kleinen Vergnügungen, die Entwicklung der Stadt und die Suche nach dem neuen Menschen. Und schließlich die Haubitzen, mit denen die Gemeindebauten beschossen wurden. Viele Aspekte werden also angesprochen und sehr direkt gezeigt. Viele Bilder werden erstmals publiziert und dokumentieren das Wiener Stadtleben dieser Zeit in seiner gesamten Bandbreite. Die Abbildungen entstammen zur Gänze dem ' Historischen Fotound Bildarchiv der Arbeiterzeitung im Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung'. Ein Gutteil davon wurde von Amateuren für den ständigen Fotowettbewerb der Wochen illustrierten ' Der Kuckuck' aufgenommen (erschienen 19291934 im Vorwärts Verlag), wobei der Fotosektion Meidling des Touristenvereins Naturfreunde ein besonderer Stellenwert zukommt. Die kleine, wirtschaftlich schwache und durch Parteienhader innenpolitisch zerrüttete Alpenrepublik blieb von der Krise nicht o A Q Die fünf Jahre von 1929 bis 1934 waren auch in Wien sehr düster. Die Weltwirtschaftskrise zeigte sich in ganzer Brutalität. Das damalige Leben wird nun in einem großen Bildband dokumentiert. Von Lorenz Braun Wien war bekannt für seine speziellen Wohnbauten: Der große Durchgang. Die Wiener Arbeiterfotografen stellen aus, Foto: Ferdinand Bareder / 9. Ausstellung der Meidlinger Fotosektion der Naturfreunde, November 1930 Slumsiedlunqen waren im Wien der Zwischenkriegszeit keine Seltenheit. z . X o a. 4. : j : ! z c