Wiener Zeitung 07.11.2013 Prater Wien Muhamed Beganovic Zwei Wiener lassen Fotobegeisterte mit alten Kameras die Stadt erkunden Die Stadt auf Polaroid Von Muhamed Beganovic Inflationärem undsinnentleertem Fotografieren mit Limitentgegenwirken. Wien. Man stelle sich vor,mangeht auf eine zweistündige Foto Tour durch Wien, besucht die Albertina, die Hofburg, das Parlament und ein Dutzend weitere Wiener Sehenswürdigkeiten.
[MEHR]Dieeinzige Herausforderungdabei: Man darf dabeinur acht Fotosschießen. Selbstbeschränkungverlangenzwei junge Wiener, Thomas Preyer und Gilbert Lechner, vonihren Kunden. Im Aprilhaben sie Pola Walk' gestartet,eine Foto Stadtführung mit Polaroid Kameras. Die Idee für diese Tour entstand im Rahmen eines Workshops, den Preyer veranstaltete. Gilbert hat teilgenommen undmeinte nach dem Workshop, dasses eine gute Idee wäre, Polaroid Touren für Touristen zu veranstalten', erinnert sich Preyeran die Anfänge. Die beiden Männermachen jeden Teilnehmer daraufaufmerksam, dass sieauf der Tour kein historisches oder triviales Wissenzu den verschiedenen Objekten vermitteln dürfen, dennweder Preyer noch Lechner habendie Fremdenführerausbildung absolviert. Es geht bei ihren Tourenaberumdas Festhaltenvon Erinnerungen in Polaroid Fotos. In der Beschränkungliegt die Kunst Das Besondere an Pola Walk sollinder Beschränkungliegen. Durch die immer billiger werdenden Digital und Spiegelreflexkamerasund die immer besseren in Handys, Tablets und Digitaluhreneingebauten Linsen werden Fotosöfter, leichter und leichtsinnigergeschossen. Durch Instagramwurde sogar das Ablichten von Mahlzeiten populär. Ein Fotoverliert jegliche Bedeutung. Mit Pola Walk wollen die beiden Initioatoren dem inflationären und sinnentleerten Fotografierenentgegenwirken. Teilnehmer müssensich aktiv mit der Umgebung auseinandersetzten. Dazu haben sieeine limitierte Anzahl an Bildern. Dadurch denken sie besser überdie Wichtigkeit eines Fotos nach',erklärt Preyer, Jedes Foto ist wieein Kunstwerk.' Durch die lange Entwicklungsdauer entstehe beijedem Bild eine Atmosphäre der Unwissenheit, dennmanweißerst in einer halben Stunde, obein Foto gut ausgefallen ist oderob es zu sehr belichtet wurde. Diese Art der haptischen Fotografie lockt immer mehr Anhänger. In Österreich wächst die Polaroid Szene stetig. Startpunkt der Tour istdie Karlskirche am Karlsplatz. Bevordie Tour startet, gibtesfür die Teilnehmer eine Basiseinführungin die Handhabung einer Polaroid Kamera, inklusive einer kleinen Geschichte der Kamera Marke. Nachdem der Polaroid Konzern2008 Konkurs angemeldethatte und alle Produktionswerkegeschlossen wurden, kaufte ausgerechnet ein Österreicher, Florian Kaps, die letzte Fabrik in Enschede, Holland. Er gründete The Impossible Project', die einzige Firma weltweit,die Sofortbildfilme für Polaroid Kameras herstellt. Für ihn arbeiten heute ein Dutzend früherer Polaroid Mitarbeiter, die ihre Expertise in das neue Unternehmen einfließenhabenlassen. Die Kameras kaufen sichdie Leute über e Bay oder andere Verkaufsportale im Internet. 300 Millionen Polaroid Kamerassollen laut Schätzungen weltweit im Umlauf sein', weiß Preyerzu berichten. Nur ein geringer Teil davonwird jedoch tatsächlichverwendet. Die meisten Polaroid Kameras schlummern in Kellernoder Dachböden und setzen Stauban. Im vorigen Jahr hat The Impossible Project eine Million Filmeverkauft. Das sind abernur etwa zwei Prozent vompotenziellen Schöpfungsvermögen des Werkesin Holland', errechnet Preyer. Die Neuübernahme durch Kaps hatteaber auch Folgen. Frühere Polaroid Filme haben zwei bis drei Minuten zum Entwickeln gebraucht. Dieneuen Filmebrauchen 30 bis40 Minuten, je nach Temperatur. Grund dafür ist die neue Chemikalien Komposition. Nach der Einführung gehtes in Richtung Oper. Hier bietet sichdie zweite Gelegenheit, ein Bildzuschießen. Eine Mehrzahl der Teilnehmer macht aber dort keine Fotos',erzählt Preyer. Weitere Stationen sind die Albertina, Hofburg, Volksgarten, Parlament, der Ring bis hin zur Universität Wien,wodie Tour dann endet. Zwischen Parlament und Graffitis unter der Brücke Zur klassischen Wien Tour bieten Preyer und Lechner auch bald eine Tour speziell für ein jüngeres Publikum an: die Vienna Street Graffiti' Tour. Sie startet Anfang2014 und wird den Teilnehmerndie imposantesten Graffiti und Streetart Werke der Stadt zeigen. Die neue Tour wird unter anderem am Donaukanal entlang führen, wo sich zwischen Schottenring und Schwedenplatz diverse Graffiti Kunst befindet. Eine Tour, egal ob klassischoder modern, kostet 49 Euro pro Teilnehmer. Mittlerweile führen Preyer und Lechner zwei bis drei Tourenpro Woche durch. Es gibtzwei Typen von Fotografen unterden Teilnehmern. Solche, die eskaum erwarten können, die Bilderzusehen und allepaar Minutenschauen, und solche, die sich erstnach Abschluss der Tour ihre Fotos anschauen', sagt Preyer. Für das nächste Jahr haben diezwei Männer mehrere themen Wiener Zeitung 07.11.2013 Prater Wien Muhamed Beganovic spezifische Pola Walks geplant. Inder Zwischenzeit aber werden sievermehrt Workshops für den Umgang mit Polaroid Kameras anbieten. Und Familienführungendurch das Madame Tussauds veranstalten, natürlich mit Polaroid Kameras. Grund für ihre unfreiwillige Winterpause sind die kalten Temperaturen. Preyer erklärt: Die ideale Temperatur für Polaroid Bilder liegt zwischen zehnund 24 Grad. Alles drunter würdeden Bildern einen Blaustich verpassen.' Weiter Informationen unter:http://www.polawalk.com/goirf.5 Ah Awriziwriail LNur einpaar Schnappschüsse sind auf der Pola W'alk Tour erlaubt. Fotos: Beganovic und Fotolia