1/2 29.03.2016 22, 23 Granatapfel Prater Wien 2/2 29.03.2016 22, 23 Granatapfel Prater Wien Am 7. April 1766 öffnete Kaiser Joseph II. das kaiserliche Jagdrevier Prater am Rande des damaligen Wien der Allgemeinheit. Seither ist das sechs Quadratkilometer große Areal Erholungslandschaft und Vergnügungsviertel, Auwald und Festgelände, Naturdenkmal und Spielplatz. Die Hauptallee war die schönste Korsostraße für Wa
[MEHR]genausfahrten von Hof, Adel und Bürgertum. Schon 1162 wurde die ' Wiese' (lateinisch 'pratum') in einer Urkunde erwähnt. Das Augebiet, umflossen von Donau und Donaukanal, war seit alters her ein beliebtes, wildreiches Jagdrevier des Adels. Vor 250 Jahren öffnete es Kaiser Joseph II. der Allgemeinheit als Erholungsgebiet. Vom 7. April 1766 datiert das ' Avertissement', in dem es heißt, 'daß künftighin und von nun an zu allen Zeiten des Jahrs und zu allen Stunden des Tags ohne Unterschied jedermann ... frey spatzieren zu gehen, zu reiten und zu fahren, und zwar nicht nur in der Hauptallee, sondern auch in den Seitenalleen, Wiesen und Plätzen (die allzu abgelegene Orte und dicke Waldungen, wegen sonst etwa zu besorgenden Unfugs und Mißbrauchs alleinig ausgenommen) erlaubet, auch Niemandem verwehrt seyn soll, sich daselbst mit Ballonschlagen, Kegelscheiben und anderen erlaubten Unterhaltungen eigenen Gefallens zu divertieren ...' Es dauerte nur einige Wochen, bis sich Wirte, Kaffeesieder und andere Gewerbetreibende hier etablierten. Schon am 1. Mai 1766 erhielt Johann Damen die Erlaubnis zum Betrieb einer Hutsche, einer Rutsche und eines Ringelspiels. Die Konkurrenz ließ nicht lange auf sich warten. Ein Reit Ringelspiel, ein Glückshafen und viele weitere Buden folgten. Von Anfang an war der Zulauf enorm. Zum Vergnügen der 'riesigen Menschenmenge' zählten auch die Konzerte in den Lokalen. 1782 bestanden im Volksprater drei Kaffeehäuser und 43 Wirtshäuser, dazu Schaukeln, Ringelspiele und andere Vergnügungen, wie Kasperlbühnen daher ' Wurstelprater'. Die Attraktionen reichten vom Affentheater bis zum Zwergenzirkus. In den 1830er Jahren betrieb Benedikt Advinent eine fahrende Menagerie, im Prater zeigte er Programme mit verkleideten Affen und Hunden. Damals scheute man sich auch nicht, 'exotische' Menschen zur Schau zu stellen. Der Pyrotechniker Johann Georg Stuwer brannte seine berühmten Feuerwerke ab, und wagemutige Ballonfahrer stiegen auf, wie 1845/46 der deutsche Aeronaut Christian Lehmann. Einschneidende Veränderungen Einschneidende Veränderungen des Praterareals brachte die Weltausstellung 1873. In nur 21 Monaten entstand auf einer Fläche Die Wiener ' Wiese Fotos: Wien Tourismus/ Christian Stemper (oben), Wikipedia (r.) Historisches Die Attraktionen reichten vom Affentheater bis zum Zwergenzirkus. Das Riesenrad wurde 1897 zur Feier des 50. Thronjubiläums von Kaiser Franz Joseph errichtet und ist heute Wahrzeichen des Praters. von 116.342 Quadratmetern eine temporäre Stadt mit 200 Gebäuden. Das größte war der fast ein Kilometer lange Industriepalast mit der zentralen Rotunde. 53.000 internationale Aussteller präsentierten ihre Erzeugnisse. Als Publikumsmagnet erwies sich der japanische Garten mit der Nachbildung eines Shinto Schreins. Börsenkrach und Cholera Epidemie kosteten der großartigen Ausstellung allerdings ihren Erfolg, es kam nur die Hälfte der erwarteten Besucherinnen. Was blieb, war ein massives Defizit. 1895 wurde im Prater der 8.000 Quadratmeter große Themenpark ' Venedig in Wien' errichtet; zwei Jahre später in dessen Zentrum das Riesenrad. Trotz der jährlich neuen Attraktionen ließ die Begeisterung der Wiener bereits nach fünf Jahren nach, sodass das künstliche Venedig nur etwa sechs Jahre bestand. 1921 wurde ein Teil des Praters zum Messegelände umgestaltet. Im 21. Jahrhundert haben nächst dem Messezentrum die Wirtschaftsuniversität und die Sigmund Freud Privatuniversität ihre neuen Standorte gefunden. 1938 übernahm die Gemeinde Wien den Prater. Nachdem ein Großteil des Wurstelpraters im April 1945 einem Brand zum Opfer gefallen war, forstete das Stadtgartenamt die verwüstete Landschaft wieder auf. 2008 erhielt der Wurstelprater mit der Neugestaltung des Riesenrad Vorplatzes im Stil von ' Wien um 1900' einen neuen Eingangsbereich. Der grüne Prater Die Wiesen und Waldteile des Praters werden von den vierbis sechsreihigen weiß blühenden Kastanienreihen der Hauptallee durchquert. Die Kastanienblüte zählt nach wie vor zu den größten Attraktionen des 'grünen Praters'. Die rund 4,5 Kilometer lange Hauptallee beginnt am Praterstern und führt zum Lusthaus. Im 16. Jahrhundert stellte sie eine Verbindung zwischen den kaiserlichen Jagdgebieten im Augarten und dem Prater her. Ab dem 18. Jahrhundert war die Hauptallee die schönste Korsostraße für Wagenausfahrten des Hofes, des Adels und des wohlhabenden Bürgertums. Nach 1830 wurden in der Hauptallee ' Trabfahrten' und am 1. Mai ' Praterfahrten' veranstaltet. Bis 1848 fanden die Wettrennen der herrschaftlichen Läufer statt. Ab 1890 marschierte am 1. Mai auch die Arbeiterschaft entlang der Hauptallee. Das historische Lusthaus am Ende der Allee erinnert an Kaiser Joseph II., der vor 250 Jahren all dies aus seiner 'zu dem hiesigen Publico allermildest hegenden Zuneigung' ermöglichte. Ein Blick auf den Übersichtsplan zeigt: Der Prater bietet für jeden etwas: Volksprater, Messezentrum, Trabrennplatz, Stadion, Stadionbad, Golfplatz, Galopprennbahn, Gewässer, Hundezonen, Wander, Reitund Radwege, Laufstrecken, Spielplätze, Planetarium und Pratermuseum, m Kasperlbühnen wie dieser verdankt der Vergnügungsteil seinen Namen ' Wurstelprater' ( Foto 1890). kk.